Andrea
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Schwul und Theologe – geht das überhaupt?

Das ist eine Frage, die ich sehr häufig zu hören bekomme. Meistens allerdings von anderen Schwulen, Lesben oder anderen, die sich von Gott dank diverser Hasspredigten nicht geliebt fühlen. Wie sollen diese denn auch an einen Gott glauben, von dem sie denken, dass er sie hasst?

Häufig stellen diese Frage Menschen, die es vielleicht nicht so leicht hatten, mit ihrer Homosexualität aufzuwachsen. Die es nicht so leicht hatten, vor anderen, aber vor allen Dingen vor sich selbst zur eigenen Homosexualität zu stehen. Da ging es mir glücklicherweise anders, ich wurde in einem liebenden Umfeld groß, das mich akzeptiert, egal, wen ich liebe. Einem Umfeld, das vermutlich weit vor mir wusste, dass ich irgendwann einmal „anders“ sein werde. Denn wenn ich mich zurückerinnere, so gibt es durchaus einige Anzeichen, die mir selbst dann immer wieder an meinem „Vergangenheits-Ich“ auffallen – spezielle Erinnerungen, dass ich Männer irgendwie doch schon immer anziehender fand.

Ich bin sehr froh und dankbar, dass ich in der heutigen Zeit aufgewachsen bin. In einem Zeitalter, in dem der Umgang mit Sexualität ein ganz anderer ist, als in der Vergangenheit. Aber vor allem auch in einem Zeitalter, in dem das Internet eine große Rolle spielt – denn ich denke, dass auch diese Anonymität, in der ich mich dort z. T. auch öffnen konnte, sehr hilfreich dabei war, mich selbst zu finden.

Natürlich gab es auch in meinem Leben Phasen, in denen ich angeeckt bin, in denen ich Schimpfworte zu hören bekam, die ich hier nun nicht wiederholen möchte – aber das war vor allem in der Zeit, bevor ich offen zu meiner Homosexualität stand.

Ich glaube, der größte Schritt war für mich, es mir selbst einzugestehen. Also, natürlich gab es die vorher beschriebenen Anzeichen, aber ich wollte sie nicht wahrhaben. Ich wusste nicht, was es bedeutete schwul zu sein. Aber mit 13 Jahren ging für mich kein Weg mehr dran vorbei – ich war und bin schwul.

Ich lebte einige Jahre mit dem Geheimnis – war mir nicht sicher, ob wirklich alle so liberal waren, wie sie schienen. Denn immerhin kannte ich aus meinem Freundeskreis Getuschel und Gerede hinter dem Rücken anderer. Und doch habe ich es irgendwann geschafft, mich einer Freundin anzuvertrauen. Die Information verbreitete sich dann auch wie ein Lauffeuer. Danach folgte für mich, was für junge Menschen in meinem Alter normal ist – Parties, Schwärmereien und die erste Beziehung. Irgendwann landete ich dann auch bei schwulem Online-Dating.

Und natĂĽrlich musste ich mich auch bei meinen Eltern outen. Das fiel mir schwer, obwohl es das eigentlich nicht sollte, denn sie reagierten positiv. Obwohl ich wusste, dass das fĂĽr sie kein Problem darstellt, tat ich mir schwer mit diesem Schritt, weil ich da aus meinem Umfeld anderes gewohnt war.

Mittlerweile weiß ich, wer ich bin und was ich von meinem Leben will. Natürlich gab es auch Zeiten in meinem Leben, da war ich mir nicht sicher, ob ich schwul sein wollte. Für mich stellen Liebe, Treue, Fürsorge und Verlässlichkeit in Partnerschaften die Grundpfeiler dar – für viele andere leider nicht. Das war sehr schwer für mich zu akzeptieren. Diesbezüglich bin ich nun aber von meinem Schwarz-Weiß-Denken weggekommen – ich durfte glücklicherweise feststellen, dass es auch andere Männer so wie ich sehen.

Was verhalf mir also zu meinem positiven äußeren Coming-Out? Ich vermute, dass ich es den Umständen verdanke, dass mein Umfeld so liebend und dahingehend liberal war und ist. Dass ich die Möglichkeit hatte, mich im Internet über Dinge zu informieren und dort auch Gesprächspartner zu finden. Allerdings eben auch, dass ich in einem gewaltfreien Umfeld groß wurde, in welchem man eben nicht versuchte, sich gegenseitig zu verletzen, egal ob physisch oder psychisch. Dafür, dass ich heute der sein kann, der ich bin, bin ich sehr dankbar.

Dominic, Jahrgang 1989