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Elisabeth Schmidt

Liddy Bacroff
‚Liddy Bacroff‘
2. Juli 2017
Dietmar Kracht
Dietmar Kracht
4. Juli 2017

ledig, erwerbsarbeitend, frauenliebend

Elisabeth Martha Schmidt, genannt „Lisa“, wurde 1928 in Chemnitz als einzige Tochter einer alteingesessenen Handwerkerfamilie geboren, die eine Metzgerei betrieb. Nach ihrer Einschulung war sie, wie in der Zeit des Nationalsozialismus ĂŒblich, im BDM, dem „Bund Deutscher MĂ€del“ organisiert. Als Jugendliche entflammte sie in romantischer SchwĂ€rmerei fĂŒr ihre Gruppenleiterin und spĂ€ter fĂŒr eine Lehrerin.

Trotz Kriegswirren und Nachkriegsnot schloss Elisabeth Schmidt ihre Schullaufbahn mit dem humanistischen Abitur ab und plante ein naturwissenschaftliches Studium. Ihr Wunschfach wÀre Chemie gewesen, doch war ihr das in der Sowjetischen Besatzungszone nicht möglich.

1947 ĂŒberquerte sie illegal die innerdeutsche Grenze und wohnte fĂŒr zehn Jahre in MĂŒnchen. Diverse Arbeiten, etwa als ZimmermĂ€dchen, BĂŒrogehilfin und Verwaltungskraft, sicherten ihr die Existenz und ermöglichten einen wachsenden Wohlstand, verhinderten jedoch ein zeitintensives Studium.

Der Liebe und der Erwerbsarbeit wegen zog sie in die Metropolregion. Zuerst nach Ludwigshafen, dann nach LĂŒtzelsachsen und schließlich nach Mannheim: Sie arbeitete bei den Mannheimer Versicherungen und bei Gerling. Ihre Heidelberger LebensgefĂ€hrtin Annemie begleitete sie im Alltag und auf Reisen. Ihren Lebensabend wollten die beiden Frauen ab 1975 im eigenen HĂ€uschen im Odenwald beschließen.

Annemies Erkrankung durchkreuzte das Vorhaben und ließ Elisabeth ihre Erwerbsarbeit beenden, um ihre Partnerin zu pflegen. Mit dem Tod der Geliebten brach Elisabeth Schmidt 1984 das lebenslange Schweigegebot. Sie erzĂ€hlte erstmals einer Vertrauten von ihrer Liebe, ihren Gedichten und TagebĂŒchern. Elisabeth Schmidt starb am 27. August 2006 im Neckar-Odenwald-Kreis.

Autor*in

Ilona Scheidle, M.A. ist freie Historikerin, forscht nach Zeugnissen von Menschen, die – der Liebe wegen – unsichtbar waren, die gesellschaftlich ausgegrenzt wurden und vielfaches Leid erlebt haben. 2011 grĂŒndete sie die lesbisch-schwule Geschichtswerkstatt Rhein-Neckar.

www.ilonascheidle.de

Bildnachweis: Ilona Scheidle, Lesbisch-Schwule Geschichtswerkstatt Rhein-Neckar