1928 - 2006
Elisabeth Martha Schmidt, genannt âLisaâ, wurde 1928 in Chemnitz als einzige Tochter einer alteingesessenen Handwerkerfamilie geboren, die eine Metzgerei betrieb. Nach ihrer Einschulung war sie, wie in der Zeit des Nationalsozialismus ĂŒblich, im BDM, dem âBund Deutscher MĂ€delâ organisiert. Als Jugendliche entflammte sie in romantischer SchwĂ€rmerei fĂŒr ihre Gruppenleiterin und spĂ€ter fĂŒr eine Lehrerin.
Trotz Kriegswirren und Nachkriegsnot schloss Elisabeth Schmidt ihre Schullaufbahn mit dem humanistischen Abitur ab und plante ein naturwissenschaftliches Studium. Ihr Wunschfach wÀre Chemie gewesen, doch war ihr das in der Sowjetischen Besatzungszone nicht möglich.
1947 ĂŒberquerte sie illegal die innerdeutsche Grenze und wohnte fĂŒr zehn Jahre in MĂŒnchen. Diverse Arbeiten, etwa als ZimmermĂ€dchen, BĂŒrogehilfin und Verwaltungskraft, sicherten ihr die Existenz und ermöglichten einen wachsenden Wohlstand, verhinderten jedoch ein zeitintensives Studium.
Der Liebe und der Erwerbsarbeit wegen zog sie in die Metropolregion. Zuerst nach Ludwigshafen, dann nach LĂŒtzelsachsen und schlieĂlich nach Mannheim: Sie arbeitete bei den Mannheimer Versicherungen und bei Gerling. Ihre Heidelberger LebensgefĂ€hrtin Annemie begleitete sie im Alltag und auf Reisen. Ihren Lebensabend wollten die beiden Frauen ab 1975 im eigenen HĂ€uschen im Odenwald beschlieĂen.
Annemies Erkrankung durchkreuzte das Vorhaben und lieĂ Elisabeth ihre Erwerbsarbeit beenden, um ihre Partnerin zu pflegen. Mit dem Tod der Geliebten brach Elisabeth Schmidt 1984 das lebenslange Schweigegebot. Sie erzĂ€hlte erstmals einer Vertrauten von ihrer Liebe, ihren Gedichten und TagebĂŒchern. Elisabeth Schmidt starb am 27. August 2006 im Neckar-Odenwald-Kreis.
Ruhepunkt bist, Du fĂŒr mich â
Das will auch ich sein fĂŒr Dich
Wenn die Liebe in mir ist
Und Du mich verhalten kĂŒsst,
Denke nicht, was sie zerstört.
Denke nur, was uns gehört,
Seit wir zwei beisammen sind.
Denke immer nur, mein Kind,
Dass Du endlich leben sollst â
Lang VersĂ€umtâs Dir nun endlich holtst.
Elisabeth Schmidts hinterlassene Texte zeugen von einer oberflĂ€chlich unsichtbaren, doch vorhandenen, komplexen LebensfĂŒlle, die â signifikant fĂŒr die Abwesenheit frauenliebender Geschichte â gesellschaftlich unsichtbar und unausgesprochen scheint.
Ilona Scheidle, M.A. ist freie Historikerin, forscht nach Zeugnissen von Menschen, die â der Liebe wegen â unsichtbar waren, die gesellschaftlich ausgegrenzt wurden und vielfaches Leid erlebt haben. 2011 grĂŒndete sie die lesbisch-schwule Geschichtswerkstatt Rhein-Neckar.
Bildnachweis: Ilona Scheidle, Lesbisch-Schwule Geschichtswerkstatt Rhein-Neckar